Das war die Tour 2018

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Zusätzlich gibt es noch den zusammenfassenden Jahresbericht.

Am Samstag, den 21. Juli 2018 hat die diesjährige Tour de Natur begonnen. Wir waren am Florentinerplatz in Kassel und haben mit dem Kasseler Friedensforum (siehe Aufruf Abrüsten jetzt) den Passanten Theater, Redebeiträge und Musik geboten.

 

Felix Winter spricht vor der Kulisse der Treppenstraße

 

Der Kriegsengel ist aktiv. (Theaterstück)

Nachdem am Sonntag der Tourauftakt mit dem Kasseler Friedensforum am Hiroshima-Ufer gefeiert wurde und die Tour bei Krauss-Maffei Wegmann ein Friedenszeichen hinterlassen hat, ging es am Montag prominent weiter:

  • Jürgen Trittin ist die ganze Etappe von Hann. Münden bis Witzenhausen mitgefahren.
  • Zum Glück durften wir am Ende doch dank des Hausmeisters Martin Maschall unsere Müllsäcke, die wir schon auf dem Rad mitnehmen zu müssen glaubten, an der Halle lassen.
  • In Hann Münden hat die Tour die Übergabe des Lastenrads "Leila" von der "Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg" an die lokale Initative "Freie Lastenräder Hann. Münden" begleitet.
  • Auf der heutigen Fahrt haben wir 170 Teilnehmer gezählt.
  • Überraschung in Witzenhausen: Der Kreisverband der Grünen hat uns auf dem Marktplatz mit Wasser und Äpfeln verköstigt.
  • Prof. Gunter Backes stand uns stundenlang Rede und Antwort hinsichtlich ökologischer Pflanzenzüchtung und Ökolandbaus im allgemeinen. Zusätzlich gab es eine engagierte Führung durch den Lehr- und Lerngarten sowie das Tropenhaus des Fachbereichs "Ökologische Agrarwissenschaften" (Uni Kassel) in Witzenhausen.

 

Dieser herrliche Hochsommertag begann mit einem reichlichen Frühstück aus Fläming Kitchen in der Morgensonne vor dem angenehmen und großen Übernachtungsquartier, der Turnhalle an der Johannisbergschule.

Frühstück in Witzenhausen

Frühstück in Witzenhausen

Die Tour de Natur nutzte diesen wiederum herrlich hochsommerlichen Tag als Pause vom Streckenradeln und als Gelegenheit für Exkursionen und Workshops. Für den Vormittag standen mehrere Veranstaltungsalternativen zur Auswahl.

 

Exkursion Radschnellweg

Zunächst gab es in der Geschäftsstelle des ADFC Göttingen (angesiedelt im Göttinger Umwelt- und Naturschutzzentrum e. V., GUNZ) einen Vortrag von Rainer Worm über bemerkenswerte Diskrepanzen. Referiert wurden die stadtoffiziellen Darstellungen zum Projekt eRadschnellweg in Göttingen, denen dann Informationen über die tatsächliche Realisierung des Vorhabens gegenübergestellt wurden. 

Die Wettervorhersage für den heutigen Tag war gut: kein Regen! Aber auch: Sonne mit 35 Grad im Schatten, für eine Radtour am Rande des Harzes hinein ins Eichsfeld doch ziemlich warm, eigentlich eher heiß, also eine ziemliche Herausforderung für die erste Etappe, die über eine Steigungsstrecke zum Dorf Waake führte. Die meisten Touries radelten mit moderater Geschwindigkeit bergauf, einige entschlossen sich zum Schieben, aber letztlich kamen alle „oben“ an und genossen dann die Abfahrt und die schönen Ausblicke auf die eindrucksvoll gegliederte, sehr hügelige Landschaft des Vorderharzes. 

Wenn, wie dies oft der Fall ist, die Landstraßen mit Alleebäumen bepflanzt sind, dann ergeben sich schöne Bilder. Wie eine Girlande zieren die Linden einen nur dadurch erkennbaren Straßenverlauf in ferner Hanglage. Die bereits abgeernteten Getreidefelder leuchten in fahlem Gelb. Und gelegentlich dann einige Pappelreihen, deren schlanke Gestalt an toskanische Landschaften erinnern.

Eichsfeld

Das Eichsfeld vor Duderstadt

Die Wegstrecke begann mit einem durchaus fordernden Anstieg. Gleich hinter Duderstadt musste hinaufgeradelt werden, um dann die sehr hügelige Landschaft des oberen Eichsfelds zu durchqueren. Der Anstieg wurde belohnt, mit herrlichen Ausblicken über die leuchtenden Getreideflächen und den Harz, dessen Bergkette im Norden anschließt. 

Es wurde wieder heiß, sehr heiß, und die reichliche Bevorratung mit Wasser erwies sich als dringend notwendig. Mit moderater Geschwindigkeit wurde geradelt, manchmal vielleicht zu langsam, aber halt stetig vorwärts. In dem Dorf Schiedungen fand die Mittagspause auf dem Sportplatz statt, leider ohne Toilettenanlage, aber mit Frischwasserversorgung durch die Küche. Auch wenn es heiß ist, Radfahren macht hungrig – das sah man am freudigen Verzehr von Gemüsesuppe, gemischtem Salat und frischem Brot mit würzigem oder süßem Aufstrich. Der nahegelegene Schiedunger See war leider nicht für das Baden nutzbar.

Für die mitreisenden Kleinkinder scheint die Radtour selbst bei heißer Witterung erträglich und in den Pausen vergnüglich zu sein. Man hört nur selten eines weinen oder schreien. Zumeist werden die Kleinkinder in Fahrradanhängern transportiert, in denen sie auch gern mal zwischendurch ein Schläfchen einlegen. Es gibt auch das Mitfahren im Kindersitz hinten und in diesem Jahr auch im Kindersitz vorn.

Momo mit Vater Daniel – beide beträchtlich Tour-de-Natur-erfahren (Foto von live-portraits, kassel)

Frühstück an diesem Morgen wie an jedem Morgen? Ja und nein. Es gab wiederum ein liebevoll zubereitetes Müsli mit Hafer- oder Sojamilch, dazu Bananenhälften und Äpfel. Oder Haferflockenmüsli. Zudem frisches Vollkornbrot mit zwei würzigen, von der Küche hergestellten Aufstrichen oder Marmeladen bzw. Nussmus. Dazu Kaffee, Getreidekaffee oder Schwarztee bzw. Kräutertee. Verzehrt werden konnte dies im Sitzen an Tischen bei morgendlich warmer Sommersonne. Das ist eigentlich nicht zu überbieten, jedenfalls für Tour de Naturteilnehmer.

Frühstücksmüsli auf der Tour de Natur – liebevoll zubereitet und präsentiert von Fläming Kitchen

Sehr zweckmäßig ist es, wenn man schon vor dem Frühstück, das um 8 Uhr ,eröffnet‘ wird, die Morgenwäsche bereits hinter sich und gepackt hat. Denn: Um 9:30 Uhr soll aufgebrochen werden. Und davor liegen noch diverse Tätigkeiten, z. B. das Säubern der Räumlichkeiten, die Unterstützung der Küche und zuletzt: das Aufstellen zur Abfahrt – eine nicht zu unterschätzende Aufgabe für eine riesige Radlergruppe und ein kritisches Ereignis für jene Tourmitglieder, für die Pünktlichkeit eine gelegentlich Variante ihres Alltags zu sein scheint. Aber wir müssen los, die Polizeieskorte wartet, fast alle Anderen warten auch, und das Tagesprogramm basiert auch auf der Voraussetzung, dass halb zehn doch wahrlich kein Frühstart ist.

Der Starkregen vom gestrigen Abend war vorüber, als es zum Frühstück ging. Zum Glück, denn bei Regen im Zelt zu campieren, das macht wenig Freude. Heute kündigte sich wieder ein sonniger, wenngleich am Vormittag nicht ganz so heißer Tag an. Das Trocknen der Zelte konnte auf den Abend zu verschoben werden; sie wurden in noch etwas feuchtem Zustand eingepackt. Dann startete die Tour de Natur mit einigen kleineren und größeren Steigungen, um schließlich in ein schönes Tal bei schier unendlicher Abfahrt hinab zu sausen. Unterwegs kamen wir an großen Obstanbaufeldern vorüber. Die dunkelroten Süßkirschen grüßten und mussten leider von uns an den Bäumen zurückgelassen werden. Auch die Apfelbäume tragen prächtig. Der gesamte Vormittag wurde für die Streckenfahrt beansprucht.

Unterwegs in den Obstplantagen

Die Mittagspause fand auf einem schattigen Platz unterhalb des Dorfes Wormleben statt, ganz in der Nähe der Rebhänge dieser Region. Hier liegen (noch?) die nördlichsten Weinanbaugebiete Deutschlands, die der Saale-Unstrut-Region zugerechnet werden.

Mittagspause in Wormleben

 

Die Tour de Natur startete heute schon morgens bei höchstsommerlicher Hitze. In Richtung Saale verlief die Strecke, auf der ein etwas längerer Anstieg zu bewältigen war. Auf der Anhöhe angelangt gab es einen Info-Halt in den Feldern zur dort geplanten Trasse der A 143. Solch ein Halt in praller Sonne ist nicht gerade angenehm, aber gleichwohl interessant. Die Tourteilnehmer erfuhren, dass genau hier durch diese Feldmark, die ohne intensive Landwirtschaft inklusive Düngereinbringung eine Heidefläche wäre, die Autobahntrasse gebaut werden soll. Die Kosten für das nur 12 km Streckenstück liegen zwischen 250 und 340 Millionen Euro. Können wir uns das vorstellen: Für einen (in Zahlen: 1) Kilometer vierspurige Straße, deren Notwendigkeit mehr als fraglich ist, sollen 25 Millionen Euro ausgegeben werden? Das sind ungefähr die Kosten von zwei größeren Schulen oder vier großen Kindertagesstätten. Anstatt also 50 große Kitas zu finanzieren, sollen schützenswerte Muschelkalkhänge überbaut werden und Ackerflächen wie diese, auf der sich die Tour just befand, verschwinden. Wenn man hier steht und Radfahrer ist, kann man sich solch ein Vorhaben nur als Irrsinn erklären. Die Bürgerinitiative gegen diesen Autobahnbau wollte zusammen mit dem NABU ein Klageverfahren durchhalten, aber jener Naturschutzverband ist ausgestiegen, weil er die Klage für aussichtslos hält. Die Auflagen des Naturschutzes würden hinreichend erfüllt. Ist das nicht auch Irrsinn? Jetzt läuft eine private Klage wegen Geschäftsschädigung eines Unternehmers, der im Baugebiet eine Rohstofffirma (Förderung von Kaolin, Rohstoff für Porzellan) betreibt.

 

Der Aufenthalt in Halle umfasste zwei Tage. An dem heutigen zweiten Tag fanden mehrere Exkursionen und Workshops statt. Und das alles bei ca. 36 Grad im Schatten, also bei bestem Wetter, aber vor allem dann so empfunden wurde, wenn man sich im Schatten aufhalten konnte.

Um 10 Uhr startete die Exkursion zum Umweltzentrum Franzigmark, das oberhalb der Saale zwischen Halle-Trotha und Brachwitz liegt. Maud arbeitet als Biologin in diesem Zentrum und führte uns durch diese faszinierende Heidelandschaft, die eine besondere Vegetation aufweist. Der karstige Untergrund, die geringen Niederschläge und die Beweidung mit Schafen und Ziegen lässt große Trockenrasenflächen entstehen und bestehen, also eine Kulturlandschaft. Hier wachsen angepasste Pflanzen, die wiederum als Wirte für Schmetterlinge und andere Insekten fungieren.

Fahrt hinein in die Franzigmarker Heide

 

Bei unserer Rundfahrt bzw. dem Rundgang durch das weitläufige Gelände gab es immer wieder Freudenäußerungen, wenn die eine oder andere Pflanze wiedererkannt wurde bzw. einige der zuvor beschriebenen Schmetterlinge identifiziert werden konnten. Und es gab in diesem stark hügeligen Gelände auch einige Stellen, von denen man einen herrlichen Weitblick hat.

Blick über die Heide und das Saaltal bei Wettin